Aber fast vergessen ist derjenige, der es als sein Monument erbaute und mit seinem Weitblick und all seinen Initiativen die entscheidenden Impulse für die Entwicklung des Semmering, von einer unwirtlichen, menschenleeren Passregion zum mondänen Treffpunkt der k.u.k. Schickeria, setzte. Viktor Silberer war ein exzentrischer Selfmade-Millionär, dessen Werdegang vom Bankangestellten über eine journalistische Laufbahn zum Medientycoon und Grundstücksentwickler führte und ganz nebenbei eine Karriere als politisches Schwergewicht inkludierte und zudem als Mäzen der Wiener Theater und Philanthrop aufschien. Aber selbst das war noch nicht alles, er war preisgekrönter Sportler und Luftschiffer, dem Trabersport verhalf er zu einem ungeahnten Höhenflug und um die Wende zum 20.Jahrhundert war er der größte Hotelier am Semmering. Sein Hotel „Erzherzog Johann“ überragte um diese Zeit das schon etablierte „Südbahnhotel“ und das „Panhans“.
1892 erschien Viktor Silberer auf der noch bescheidenen Bühne des Semmering und erkannte sehr rasch das Potential dieser Berglandschaft. Zum Einstieg erwarb er gleich einmal alle Grundstücke vom damaligen Hotel „Semmering“ bis zum Pass, wie man berichtete und beauftragte die bekannten Theaterarchitekten Helmer und Fellner mit der Planung seines „Schlössls“. Allerdings war er mit deren Entwürfen nicht einverstanden und übertrug eine Neuplanung samt Bauausführung dem Architekten Josef Bündsdorf. Bei seiner Fertigstellung 1894 war das „Silberer Schlössl“ auch das erste Haus am Semmering mit elektrischem Licht. Der Strom dafür wurde in einem eigenen kleinen E-Werk mittels eines motorbetriebenen Generators erzeugt. Zur Unterstützung seiner Aktivitäten gründete er 1900 das Monatsblatt „Semmeringer Zeitung“ und er war auch der Mitbegründer und Obmann des Vereines zur Hebung des Fremdenverkehrs im Semmering-, Rax-, Schneeberg- und Wechselgebiet. Mit der Südbahngesellschaft verhandelte er auf Augenhöhe und schrieb der privaten Gesellschaft Abfahrzeiten und Tarife vor. Zynisch wurde auch vermerkt, dass er die Semmeringer Gemeinderäte wie Domestiken behandelte.
Allerdings erforderten auch seine Geschäfte in Wien seine Anwesenheit und sein Engagement. Er war inzwischen mehrfacher Hausbesitzer in Wien, darunter eines der größten Häuser in der inneren Stadt, dem „Annahof“ in derselben Gasse. Dort war auch das „Wiener Ballhaus“ eines der größten und populärsten Vergnügungslokale der Stadt untergebracht. Seine politische Karriere, die ihm ein Gemeinderatsmandat neben der Funktion als Abgeordneten zum niederösterreichischen Landtag und schließlich auch zum Reichstagsabgeordneten bescherte, forderten seine Anwesenheit in Wien. Auch die Sanierung der „Kaiser Jubiläumstheaters“, der späteren Volksoper und des „Raimund Theaters“, deren größter Anteilscheinbesitzer er war, zwangen ihn, sich aus seinen Semmeringer Aktivitäten zurückzuziehen. Das Hotel „Erzherzog Johann“ erwarb 1909 Franz Panhans, der nun „König des Semmering“ wurde. Die Grundstücke, die er noch besaß, verschenkte er an Wohltätigkeitsorganisationen und die „Semmeringer Zeitung“ stellte er ein.
Sein Schlössl schließlich verkaufte er im Jänner 1920 und brach damit endgültig mit dem Semmering. Am 11. April 1924 verstarb Viktor Silberer in seinem Haus in der Annagasse 4 in Wien, das ihm noch als sein letzter Besitz verblieben war.
Aus „Viktor Silberer – König des Semmering“ von Eduard Aberham, erschienen im Kral Verlag ISBN: 978-3-99103-018-8